Ein Platz für die Bücherwürmer

Neuer Leseclub startet an der GGS Müngersdorf

Müngersdorf (af/ off). Sitzsäcke, Computerplätze und jede Menge Bücher. So sieht er aus, der neue Leseclub der Gemeinschaftsgrundschule Müngersdorf. Im dritten Stock direkt unter dem Dach des Schulgebäudes ist die neue Bibliothek beheimatet.

Auf dem Sommerfest der GGS eröffnete die neue Schulleiterin Anja Jütz die frisch renovierten Räumlichkeiten. “Direkt nach den Sommerferien starten vier Lesegruppen mit jeweils 15 Schülern, die hier einmal die Woche lesen“, sagte Jütz. Zur Eröffnung mussten die kleinen Leseratten aber noch nicht selber ran. Bezirksbürgermeisterin Helga Blömer-Frerker las den anwesenden Schülern eine Geschichte der „Drei Fragezeichen“ vor. „Bücher haben mich mein ganzes Leben lang begleitet, und ich weiß noch, dass mein Vater einmal sagte, ich soll nicht so schnell lesen, das sei sonst zu teuer“, erinnerte sich die Politikerin an ihre Jugend. Leiterin des neuen Leseclubs ist Angelika Burauen. Die ehemalige Bezirksvertreterin der Grünen hat die Schulbibliothek im Jahr 2002 schon mitbegründet. Nun hilft sie dabei, den Leseclub zu etablieren. Die Leseclubs, die es an vielen Kölner Schulen gibt, werden vom Bund gefördert und sollen das Lesen fördern. Ehrenamtliche Helfer, wie Burauen, erkunden außerhalb des Unterrichts mit den Schülern Bücher, Zeitschriften und digitale Medien.

Die Gruppen treffen sich wöchentlich mittwochs und donnerstags. Im Rahmen vielfältiger Aktionen und Projekte wird den Kindern hier in Zukunft ein ansprechendes Programm geboten, das sie auf spielerische Weise für das Lesen begeistert. Mit der finanziellen Unterstützung von Run & Ride for Reading e.V. und der Expertise der Stiftung Lesen konnten seit dem Jahr 2009 viele Leseclubs an Schulen mit einem hohen Anteil bildungsbenachteiligter Kinder im Raum Köln/Bonn eingerichtet werden. Spendengelder für neue Leseclubs sammelt der Run & Ride for Reading e.V. unter anderem durch Sportveranstaltungen wie den Kölner Leselauf sowie eine jährliche Charity-Radtour.

Lesen, Lernen, Schlauer werden

Leseclubs mit Run & Ride for Reading

Urbach (kg). Der Trubel der Eröffnung hat sich etwas gelegt und Vanessa ( 8) und ihr Schwester Larissa ( 10) sitzen im neuen Leseclub. “ Schön“, findet ihn die Achtjährige, die ein Star Wars-Comic in den Händen hält. „Den Leseclub gibt es seit heute“, erklärt Larissa.

Als sich die Zehnjährige den großen Raum, der sich in der ersten Etage des KGS-Aitbaus befindet, vor ein paar Wochen anschaute, waren die Wände bereits lila gestrichen. „Und der Baum stand“, sagt sie.

Bis auf neuen Lesestoff im Wert von 2 .000 Euro stammt das Interieur nicht aus dem Insgesamt 10 .000 Euro-Topf der Stiftung Lesen, sondern vieles aus Spenden, wie die Hollywoodschaukel, die einmal Bürgeramtsleiter Norbert Becker spendete, oder die dunkelblauen Sitzelemente und die Sitzecke von einem anonymen Förderer, wie Maria Mückulle, die Leiterin der Katholischen Grundschule Kupfergasse und damit Chefin von 460 Erstbis Viertklässlern erläutert. „Und wir wachsen“, sagt Mückulle, die an ihrer Schule eine Internationale Förderklasse, also eine Seiteneinsteigerklasse, hat. 20 bis 25 Schüler treffen sich jede Woche in einem der Leseclubs, berichtet Projektmanager Wolf Borchers von der Stiftung Lesen.

In Deutschland gebe es inzwischen mehr als 270 Leseclubs, Zielgruppe seien Sechs- bis Vierzehnjährige.
Ein Grund für diese Clubs ist unter anderem, dass es in Deutschland laut LEO-Studie 2011 rund 7,5 Millionen Erwachsene funktionale Analphabeten gibt und nur jeder Fünfte in Deutschland regelmäßig ein Buch liest. So entstand die Idee, mit Freude und ohne Leistungsdruck zu lesen und so Lesekompetenzen zu entwickeln. Mückulle will das für ihre Schützlinge nicht nur durch Bücher, Comics und Kinderzeitschriften wie Zeit Leo, Geolino, Dein Spiegel und Löwenzahn erreichen. Die
engagierte Schulleiterin denkt dabei zum Beispiel an den Besuch der Greifvogelschutzstation auf Gut Leidenhausen, dass sich die Kinder mit der Materie auseinandersetzen, was mit den Vögeln dort passiert und warum man dort Patenschaften übernehmen kann.

Das Geld für die Schule stammt aus dem 4 . Kölner Leselauf, der im vergangenen Juni stattfand, wie Manfred Brodeßer, ehemaliger KGS Vingst-Schulleiter und jetzt Leseclubbeauftragter der Stiftung Run & Ride for Reading und für alle Clubs in Köln zuständig, berichtet. Run & Ride bildete sich 2009 in der Region und unterstützt die Stiftung Lesen, die es seit 26 Jahren gibt, in ihrem Vorhaben. Der nächste Leselauf findet am 17 . Mai 2015 im Sportpark Müngersdorf statt.

„Alle Kinder wollen lesen lernen, egal welcher Herkunft!“

„Leseclubs“ sind beliebt und effizient- Beim Leselauf am 17. Mai starten und selbst helfen

Bonn- Hardtberg (vd). “ Hier kann man in Ruhe lesen!“ „Es ist schön, eine so große Auswahl zu haben!“ “ Viele Bücher machen neugierig, und die leihen wir uns dann auch aus!“ „Mein Lieblingsbuch ist Violetta – meins Greg’s Tagebuch – ich finde Twilight super!“ Hafsa, Sephora, Celine, Carolina, Meryem und Ikram gehen auf die August-Macke-Gemeinschaftshauptschule und Europaschule in Hardtberg und nutzen das Angebot des “ Leseclubs“.

„Der Leseclub ist ein hochwertig möblierter, gemütlicher Raum in einer Schule, der mit aktuellen Büchern, Zeitschriften, Spielen und anderen Medien wie PCs, Tablets oder E-BookReadern ausgestattet ist. Speziell ausgebildete Mitarbeiter der Schule betreuen den Club und geben den Kindern Tipps und Anregungen“, erläutert Manfred Brodeßer, LeseclubBeauftragter der Stiftung „Run & Ride for Reading“ . An der August-Macke-Schule betreuen Ayla Erbas und Zuhal Yilmaz den Club: “Wir haben diese gemütliche Leseecke jetzt im fünften Jahr. Hier können sich unsere Schüler spielerisch und kreativ mit neuen Büchern beschäftigen. Da bei uns viele Kinder einen Migrationshintergrund und wir auch internationale Klassen haben, spielen auch mehrsprachige Bücher bei uns eine wichtige Rolle.“ Zweimal pro Woche können die Schülerinnen, die in die 5. und 6. Klasse gehen, in diesem Schuljahr den Leseclub in der Mittagspause nutzen – doch damit nicht genug: “Wir versuchen, mit den Möglichkeiten des Leseclubs weitere Angebote in die Schule und den Unterricht zu tragen“, erklärt Ayla Erbas. Dazu zählen Buchvorstellungen, Medienkisten oder auch Vorlesewettbewerbe. Für Ayla Erbas und Zuhal Yilmaz steht fest: „Das kreative Lesen fördert die kommunikativen Fähigkeiten und die Entfaltung der Schüler wird positiv gestärkt!“

Deshalb war auch Elisabeth Kroniger und ihren Kollegen von der Katholischen Grundschule Blücherstraße die Einrichtung eines Leseclubs wichtig: „Alle Kinder wollen lesen lernen, wenn sie in die Schule kommen, egal welcher Herkunft!“ Seit Februar gibt es das neue Angebot an der KGS, und es hat gleich Furore gemacht. „80 unserer 200 Schüler haben sich für den Club angemeldet. Wir konnten aber nur mit zwei Gruppen a 15 Kindern starten. Unsere ersten Erfahrungen mit dem Leseclub sind wirklich super!“

Mit dem Leselauf am 17. Mai die gute Sache unterstützen

Die Einrichtung eines solchen Leseclubs und der dreijährige Betrieb kosten 10.000 Euro. Weil es aber oft an Sponsoren fehlt, hat es sich die Stiftung „Run & Ride for Reading“ zur Aufgabe gemacht, mit der „Stiftung Lesen“ Leseclubs in der Region einzurichten. Den bisher 40 Clubs sollen bis Ende 2016 noch 160 neue folgen. Um dafür das nötige Geld zu sammeln, veranstaltet „Run & Ride for Reading“ dieses Jahr zum fünften Mal den Leselauf – am 17. Mai rund um und durch das Rhein-EnergieStadion
in Köln. „Das ist der einzige, hundertprozentige Wohltätigkeitslauf der Region in dieser Größenordnung – mit Strecken von 2,5 bis 10 Kilometern und einer Familienfahrradtour bis zum Dom“, erklärt Oliver Gritz, mit „Höhner“-Sänger Henning Krautmacher Vorstandsvorsitzender der Stiftung. Mit ihren Stiftungskollegen verfolgen sie ein klares Ziel: „Lesekompetenz ist der Schlüssel zur Erlangung von Bildung. Und hier gibt es erhebliches VerbesserungspotenziaL Denn nahezu jeder fünfte 15-Jährige kann laut Studien nur auf Grundschulniveau lesen und schreiben!“

Land der Träume im Leseclub

Comedian und Kinder-TV-Star Tom Lehel und Schauspielerin Nina Vorbrodt waren zu Besuch in Vingster Leseclub. An Pfingsten wird Lehels Geschichte vom Traumbaum als KinderMusical in der Comedia aufgeführt. Von Anja Katzmarzik

Köln. Kindermund mit Folgen: „Wo kommen eigentlich die Träume her?“ wurde Tom Lehel eines Tages unvermittelt von seinem kleinen Sohn gefragt. Da war er fünf. Und Papa, Comedian und Kinder-TV-Star Lehel, bekannt aus Kika, Tabaluga und Tivi, dachte sich die Geschichte vom Traumbaum mit den Träumekissen, von denen jeder Mensch eins hat, und dem Tal der Finsternis, in dem dunkle Mächte versuchen, den Menschen Alpträume zu schicken . Eine Geschichte über die Kraft der Träume, Freundschaft und Fantasie.

lnzwischen gibt es das Kinderbuch als Musical, die Musik auf CD und es werden sogar Träumekissen produziert. Gemeinsam mit Schauspiel-Kollegin Nina Vorbrodt las Lehel, die im Musical die böse Fürstin Albamahra spielt, in einem von „wir helfen“ finanzierten Leseclub der Stiftung Run and Ride for Reading Teile der Geschichte vor, in verteilten Rollen mit je drei Stimmen.

Vorlesen ist Vorbrodts große Passion . „Mir fehlt es richtig, dass ich meiner 14 -jährigen Tochter nicht mehr vorlesen darf. Die fand das irgendwann uncool … “ – Ganz im Gegensatz zu den Kindern der KGS Heßhofstraße in Vingst, die wie gebannt lauschten und je ein Buch geschenkt bekamen . Beschenkt wird im Rahmen der Musical-Aufführung auch „wir helfen“: Werner Schulte, Geschäftsführer des Lingen-Verlags, in dem das Buch . Land der Träume“ erscheint, spendet dem Verein 2000 Euro aus seinen Einnahmen .

Lesepaten erobern Kinderherzen

Seit zwei Jahren sind Mitarbeiter des Teams Institutionelle Kunden der Sparkasse KölnBonn in der James-Krüss-Grundschule in Köln-Ostheim als Lesepaten aktiv. OGS-Betreuerin Claudia Vogelsang hat ihren Dank für den Einsatz in einem Artikel zum Ausdruck gebracht.

Stoffelefant Elmar bleibt inmitten des hektischen Treibens ganz gelassen: Dritt- und Viertklässler laufen durcheinander, sorgen für heilloses Chaos. Der Dickhäuter kennt den Grund der Aufregung: Der wöchentliche Besuch der Lesepaten der Sparkasse KölnBonn steht wieder an. Elmar bekommt noch einmal sein Sparkassen-Halstuch zurechtgezupft – das ist bei den Kindern seit dem ersten Aufeinandertreffen gute Tradition. Seitdem hat das Maskottchen noch keine Lesung verpasst.

Die Schüler der James-Krüss-Grundschule haben zu 96 Prozent einen Migrationshintergrund. Ihre Eltern kommen aus der Türkei, aus Syrien, Weißrussland oder dem Kongo. Da liegt es in der Natur der Sache, dass die Eltern beim Lesen lernen wenig helfen können. Umso wichtiger ist daher die
Förderung in der Schule, wie Deutschlehrerin Gülcan Oskay weiß. Sie hat sich an die Stiftung Lesen gewandt – mit Erfolg: Die Stiftung unterstützt den Aufbau einer Schulbibliothek und hat uns dazu 120 neue Medien, zwei Bücherregale, Tisch und Stühle sowie zwei gemütliche Sitzsäcke zur Verfügung gestellt. Im kommenden Schuljahr wird der uralte Monitor durch einen Flachbildschirm ersetzt, ein digitales Bibliothekssystem steht auch in Aussicht. Das allein würde aber wenig helfen, gäbe es nicht auch Menschen, die den Kindern Appetit auf die Welt der Bücher machen. Dazu kommen dankenswerterweise zu unserer Unterstützung die Sparkassen-Lesepaten Jürgen Hackenbroich, Markus Pohl, Markus Schneider, Nicole Höppner, Claudia Kirfel, Peter Lingemann und Kirsten Jeschke jeden Montag abwechselnd zum gemeinsamen Lesen in die Schule.

In der Vorstellungsrunde machen sich dann bis zu fünfzehn Kinder der dritten und vierten Klasse mit den Lesepaten bekannt. Drei Leseratten werden ausgewählt, die für diesen Nachmittag „ihren“ Markus oder „ihre Nicole“ ganz für sich haben dürfen. Sobald das Buch der Begierde gefunden ist, macht es sich die Gruppe auf dem Sofa bequem. Von den übrigen Kindern genießen es einige, ungestört im Sitzsack in der Ecke in einer Geschichte zu versinken. Schon bald meldeten auch Kinder der zweiten Klasse Interesse am Leseclub an dabei können sie meist noch gar nicht richtig lesen. Und: Mit nur einem Betreuer für zehn Zweitklässler wäre das ohnehin nur schwer möglich. Das Interesse der Kinder wollten wir aber dennoch unbedingt aufgreifen. Die Lösung: Wir haben die Kinder aus dem Leseclub der höheren Klassen um Unterstützung gebeten, und inzwischen sind über 15 Kinder Lesepaten für ihre jüngeren Mitschüler. So hat das Beispiel der Lesepaten von der Sparkasse KölnBonn buchstäblich Schule gemacht – auch wenn es unterhalb der Kinder natürlich nicht ganz so gesittet zugeht wie mit den echten Paten! Zur Belohnung für ihr Engagement hat unsere Schulleiterin Christiane Hartmann den beteiligten Kindern einen lobenden Vermerk ins Zeugnis geschrieben. Jetzt würden wir den Leseclub natürlich gerne weiter vorantreiben und sind auf der Suche nach weiteren Paten. Wer Interesse hat, kann sich gerne bei Markus Pohl
melden.

In Köln-Poll öffnet der erste Leseclub an einer Förderschule für Kinder mit einer geistigen Behinderung

Von Anja Katzmarzik/“Kölner Stadt-Anzeiger“, www.ksta.de/wirhelfen

Ein Buch lesen und auf dieser Grundlage ein Theaterstück einstudieren? Was an gewöhnlichen Regelschulen All-tag ist, bedeutet für die Schüler und Lehrer der Förderschule für geistige Entwicklung Auf dem Sandberg in Köln-Poll eine ganz besondere Herausforderung. „Wir haben 200 Schüler hier im Alter von 6 bis 18 Jahren – und nur die wenigsten von ihnen können lesen“, sagt Konrektor Dieter Schmidt.

Nicht trotzdem, sondern gerade deshalb wurde dort der erste Leseclub der Stiftung Ride for Reading an einer Schule dieser Art eröffnet. Schüler und Lehrer nennen ihn „Bananen-Club“ – weil die Sitzkissen dort die Form der Frucht haben. Und alle sind mächtig stolz auf das neue Prädikat. Des Leseclub der Stiftung Ride for Reading, die durch Manfred Brodeßer vertreten war, soll auch den Schülern Zugang zur und Freude an Literatur ermöglichen, die nicht lesen können. Möglich machen dies neue Medien und Technologien wie Bücher, die auf Knopfdruck Text abspielen, oder Tablet-Computer mit Vorlesefunktionen. Vor allem aber auch Vorleser wie Club-Pate Peter Werner von den Höhnern oder andere Ehrenamtler, die den Schülern dabei helfen, sich die Texte zu erschließen und zu verbildlichen – wie mit dem allerersten Theaterstück, das nun dabei herauskam.

Die Schüler entschieden sich zur Eröffnung ihres Clubs für die Umsetzung des Buches „Bärenstarke Anna“ von Luise Holthausen. Deren Protagonistin ist so kräftig, dass sie sogar einen Elefanten im Zoo retten kann, der hilflos auf dem Rücken liegt und nicht mehr hochkommt. An der Umsetzung hatten jüngere wie ältere Schüler Spaß. Mitarbeiter von Toyota halfen ihnen dabei, es bis zur Bühnenreife zu bringen. 15 Kollegen, die dafür von der Arbeit freigestellt werden, kommen seit November immer zu zweit einmal pro Woche für zwei Stunden an die Schule. Sie halfen bei den Proben und bastelten mit an den Requisiten. „Das bringt total viel Spaß“, sagte Elke Pietzner, die sonst im Marketing der hauseigenen Kreditbank arbeitet. „Und besonders toll war es zu sehen, wie sich die einzelnen Schüler in der Zeit entwickelt haben.“ Einige der Darsteller hätten sich anfangs gar nicht auf die Bühne getraut. Am Ende stand sogar ein Mitschüler mit Autismus vor dem Publikum. „Der hat sonst schon Probleme, nur durch eine Tür zu gehen, und heute steht er hier auf der Bühne“, staunte auch Konrektor Schmidt. Dass alle nun bei dem Theraterstück vor Eltern, Lehrern und Mitschülern stünden und sprächen, sei eine tolle Leistung – „und so wichtig für ihr Selbstwertgefühl“. Finanziert wurde der Club von der Aktion „wir helfen“ des Kölner Stadtanzeigers. Damit konnte die Bibliothek erweitert werden – nicht nur um neue Bücher, son-dern auch um ein mobiles Bücherregal. Es kann leicht vom Club in die Klassen hineingerollt werden, aber auch als Raumteiler dienen oder ganz am Rand verschwinden, wenn das kleine Zimmer anderen Zwecken dienen muss.

Wie Kino im Kopf

SPENDENZIEL Von den 16 neuen Leseclubs in Köln ist wieder einer fertigeingerichtet

VON ANJA KATZMARZIK

Köln. Es war bis auf die Zülpicher Straße zu hören. Das Trommeln und Singen der Fünftklässler der Städtischen Förderschule im Sülz, das durch die Akustik in dem allen Treppenhaus herrlich verstärkt wurde. Es waren Klänge der Freude. Anlass war die offizielle Eröffnung ihres Leseclubs des Vereins Run & Ride for Reading, finanziert von „wir helfen“. Ein Klassenraum konnte so umgestaltet und ausgestattet werden, dass er den 120 Schülern – viele leiden an Lernbehinderungen. manche auch an emolionalen und sozialen Entwicklungsstörungen- nun als Ort der ungestörten lnformation und Unterhaltung ebenso wie als Rückzugsrefugium dienen kann. Davon überzeugte sich „wir helfen“- Vorsitzende Hedwig Neven DuMont mit den beiden Paten.

Purple Schulz ist Promi-Pate
Der erste ist, stellvertretend für die Rechtsanwaltsgesellschaft Luther, Thomas Weidlich. Er ist selbst Vater und will mit seinen Verlagskontakten kindgerechten Lesestoff-Nachschub besorgen. „Märchen aus aller Welt“ etwa, mit passenden Kostümen dazu. Der zweite ist mit Purple Schulz ein Prominenter. Er will mit den Kindern lesen und musizieren. „Sie haben viel rhythmisches Talent.“ Der gebürtige Kölner, wohnhaft in Glessen, hat aber auch schon Regale organisiert. Initiiert hatte den Antrag an „wir helfen“ Lehrerin Theresa Stang. Zwar würde sie den Kindern auch vorlesen, „aber das ist Unterricht. Hier das ist freiwillig und was ganz anderes.“ Wie Kino im Kopf. Nach nur wenigen Tagen Erprobung ist klar: „Sie saugen das hier auf“, wie bei einer Lesung mit Kollege und Schauspieler Mirco Monshausen zu sehen war. Die Kinder, auf Riesenkissen ruhend. wurden sofort still und genossen einen kurzen Vortrag aus „Reiter des eisernen Drachen“. Sie wüssten den Wert zu schätzen, so Schulsozialarbeiterin Sabine Schmitz. „Hier wird nicht getobt. Der Raum ist etwas Besonderes für sie.“ Donnerstag wird der nächste von 16 Kölner Leseclubs fertig. An der Heinrich-Schieffer-Hauptschulen Dellbrück. Promi-Pate ist hier Joey Kelly.

„Ich mag am Lesen, dass es spannend ist“

Was bedeutet ein Lese- und Medienclub für die Kinder vor Ort?

Nach dem Trubel auf dem Schulhof erscheint dieser Raum in der Karl-Simrock-Hauptschule im Bonner Stadtteil Endenich fast wie eine Oase der Ruhe. Große Fenster geben den Blick ins Grüne frei, zwei rote Sofas stehen einladend bereit. Rechts neben der Eingangstür finden sich drei Computer-Arbeitsplätze, darüber ist eine Karte an die Wand gepinnt: „Facts about the United States of America“. Um zwei große Tische zwischen den Bücherregalen gruppieren sich Korbstühle. Wer sich lieber ein Hörbuch aussucht, dem stehen tragbare CDSpieler zur Verfügung.

Vor nicht allzu langer Zeit sah es hier noch ganz anders aus. Erst seit gut einem Jahr verfügt die Hauptschule über einen Lese- und Medienclub, den die in Bonn ansässige Stiftung Ride for Reading um Spiritus Rector Oliver Gritz in Kooperation mit der Stiftung Lesen in Mainz eingerichtet hat; 13 sind es inzwischen im Köln/Bonner Raum. Anisa und Yannik sind gemeinsam mit Schulleiter Arndt Hilse in den Club gekommen, um zu erzählen, was er für sie bedeutet. Zuallererst einmal viel Arbeit: Gemeinsam mit ihren Mitschülern aus der Klasse 7a haben Anisa und Yannick die Ärmel hochgekrempelt und im Rahmen dreier Projekttage den Bestand an Büchern neu inventarisiert und nach Themen geordnet. Yannick erzählt, dass er die Autorenkürzel am Computer angefertigt und mit Schutzfolie auf die Buchrücken geklebt hat. Anisas Aufgabe war eine andere: Sie hat im Computer abgeglichen, ob die Bücher des Clubs in der Lesesoftware Antolin verfügbar sind und entsprechend mit einem Krönchen markiert. In einem klassenübergreifenden Projekt haben die Schüler die Bücher dann katalogisiert. „Das war ein Gewusel hier“, erinnert sich Schulleiter Arndt Hilse und macht seinen Schülern ein dickes Kompliment, wie schnell und engagiert sie gearbeitet haben.

Vielleicht hat diese Arbeit dazu beigetragen, dass die Schüler sich mit „ihrem“ Club identifizieren, dass sie gerne hierher kommen. „Hier ist es immer ruhig“, beschreibt Yannick, „wenn ich hierher komme, treffe ich auch immer Freunde“. Und ein zweiter Punkt ist ihm wichtig: „Hier wird mir geholfen. Wenn ich zum Beispiel ein Wort nicht verstehe, hole ich mir ein Lexikon zum Nachschlagen.“

Den Schülern ist der Club während des Offenen Mittags-Angebotes (OMA) an drei Tagen in der Woche frei zugänglich. Außerdem gibt es Stunden zur Leseförderung, in denen Lehrer mit kleinen Gruppen den Raum nutzen. Wer sich registrieren lässt, kann sich auch Bücher mit nach Hause nehmen. Anisas Favoriten sind Märchen und die Bücher von Annette Weber. „Im Chat war er noch so süß“ heißt eines oder „Sauf´ruhig weiter wenn Du meinst“ – Themen, die im Alltag der Jugendlichen vorkommen, die nah dran sind an ihrem Leben. „Ich mag die Bücher, weil die Jugendlichen auch mal nicht so gute Sachen machen“, erkärt Anisa, warum sie sich diese Bücher aussucht. Schaut man sich ihren Antolin-Account an, findet man aber noch viele andere Titel, von Harry Potter bis zu den Kindern aus Bullerbü – schließlich ist Anisa eine der Antolin-„Expertinnen“ der Schule. Was sie am Lesen mag? Schwer zu erklären, „manchmal will ich aufhören zu lesen, aber dann muss ich unbedingt wissen, was noch alles passiert. Für Yannick braucht ein Buch vor allem Action, „ich mag am Lesen, dass es spannend ist.

Ohne den Lese- und Medienclub hätten Anisa und Yannick vielleicht nicht entdeckt, wie sehr Bücher fesseln können. Zuhause mit Lektüre aufgewachsen sind sie nicht. Ansisa Eltern sind selbst nicht lange auf die Schule gegangen und haben keinen Zugang zu Büchern, „von ihrem Vater weiß ich aber, dass er seine Tochter um die Chancen beneidet, die sie heute hat“, sagt Hilse. Um sie auf ihrem Weg zu unterstützen, schenkt er ihr ab und zu ein Buch. „Mein Vater hat keine Zeit, er arbeitet sehr viel“, berichtet Yannick aus seinem Elternhaus. Und nach der schweren körperlichen Arbeit sei er abends oft müde. Aber doch, Krimis liest er ab und zu, John Sinclair. Und seine Tante bringt ihm immer mal wieder Bücher mit, „Kommissar Kugelblitz“ zum Beispiel.

Zwei- bis dreimal pro Wochen schauen die beiden im Leseclub vorbei. Damit die Kinder am Ball bleiben ist es wichtig, dass aktuelle und gut aufgemachte Bücher zur Verfügung stehen. Diese Erfahrung hat Hilse gemacht. Viele Lektüren aus der eigenen Kindheit decken sich heute nicht mehr mit der Alltagswirklichkeit von Jugendlichen. Dass die Lese- und Lernkompetenz, bei deren Erwerb der Club sie unterstützt, Anisa und Yannick ihnen in ihrem späteren Leben helfen kann, darüber machen die beiden sich heute noch keine Gedanken. Für sie sind Bücher im Moment vor allem eins: spannend.

Katrin Ahmerkamp